Islam und Koran

Hat der Prophet jemals gesagt, man solle das Kapitel Yasin für die Verstorbenen lesen?

Frage:

Wir rezitieren den Koran nicht für die Toten (die Seelen der Toten), da diese nicht davon profitieren. Aber beweist die Überlieferung ,,Lest das Kapitel Yasin für eure Toten” nicht das Gegenteil? Sollen wir also doch das Kapitel Yasin lesen oder wie sollen wir mit dieser Überlieferung umgehen?

Antwort:

Es wurde überliefert, dass der Prophet (Gottes Friede und Segen sei mit ihm) folgendes sagte: ,,Lest Yasin für eure Toten (اقرءوا { يس } على موتاكم ) (Abu Dâwûd, Janâiz, 24; İbn Mâja, Janâiz, 4).“

Verschiedene Hadith-Gelehrte schreiben in ihren Werken, dass es sich dabei um ein schwaches Hadith handelt. Abu Bakr İbnu’l-Arabi, Dârekutnî’nin sagte, dass ,,die Überlieferungskette schwach und der Text ungewiss (ist) und dass es zu diesem Thema kein sahih Hadith gibt (İbn Hajer, at-Talhîsu’l-Habîr, c: 2, s: 244-245. Siehe auch: Mizzi, Tuhfetu’l-Aşrâf, c: 8, s: 465; İbnu’l-Kattân, Beyânu’l-Wahm wa’l-Îhâmi’l-Wâkıayn fî Kitâbi’l-Ahkâm, c: 5, s: 49).“

Schwache Hadithe können nicht als Grundlage für religiöse Handlungen herangezogen werden.

Mustafa Özel, der einen Aufsatz zum Thema ,,Koranlesen für die Toten“ verfasst hat, kommt zu folgenden Ergebnissen:

  1. Im Koran gibt es weder einen direkten noch einen indirekten Hinweis auf das Koranlesen für Tote.
  2. In keinem der akzeptierten und gültigen Hadithwerke, die die Aussprüche des Propheten enthalten, befindet sich ein sahih (vertrauenswürdiges) Hadith zu diesem Thema. Die Hadithe, die man in einigen Werken findet, sind entweder schwach oder erfunden. Der einzige Hadith zu diesem Thema, das in einem sahih Werk vorkommt, ist der von Makil b. Yesar überlieferte Hadith zum Lesen des Kapitels Yasin in Abu Dawud und Ibn Maje. Die Beweiskraft dieses Hadithes, welcher in den beiden Werken mit unterschiedlichem Wortlaut aufgeführt wird, ist höchst fragwürdig.
  3. Diese Praxis, die in den frühen Zeiten des Islam keine Anwendung fand, entstand wohl im Laufe der Geschichte und in Anlehnung an andere Praktiken. Vielleicht geschah das aus psychischsozialen Gründen. Es ist möglich, dass die Muslime auf diese Weise eine Verbindung zu den Gläubigen, die sie in das Jenseits verabschiedeten, aufrecht erhalten wollten. (Aus der türkischen Quelle Mustafa Özel, ,,Ölünün Ardından Kur’an-ı Kerim Okunmasının Dini Dayanakları“, İslam Hukuku Araştırmaları Dergisi, sayı: 7, Nisan 2006, s: 484-485.)“

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