Islam und Koran

DAS GLEICHGEWICHT ZWISCHEN KÖRPER UND GEIST

Der Mensch ist ein Wesen, das sich aus einem Körper und einem Geist zusammensetzt. Der Geist unterscheidet den Menschen von anderen Lebewesen. Da Wissenschaftler allerdings seit Langem die eigenständige Existenz des Geistes leugnen, ist dieses Thema dem Bereich der Religion überlassen worden. Dies wiederum störte das Gleichgewicht und führte zu zahlreichen Irrtümern. 
Der Koran bietet uns wichtige Erkenntnisse über den Menschen. Bewertet man die entsprechenden Ayat (Koranverse) als Ganzes, so stellt man fest, dass der Geist in der 15. Woche eingehaucht wird, in der die Struktur des Embryos vervollständigt und sein Gleichgewicht hergestellt werden, und dass es hiernach weitere 6 Monate im Mutterleib verbringt. Ab dem Zeitpunkt der Einhauchung des Geistes unterscheidet sich der Mensch von anderen Lebewesen. Allah Teâlâ (der Erhabene) sagt:
“Er ist es, Der alles, was Er erschafft, schön erschafft. Er begann die Erschaffung des Menschen mit gewässerter Erde (tîn). Dann erschuf Er seine Nachkommenschaft aus einem abgeklärten Kern, einem kurzlebigen Wasser. Dann brachte Er ihn in eine geordnete Form und hauchte ihm von Seinem Geist ein. Er erschuf für euch Ohren, Augen und Herzen. Wie wenig ihr euch dankbar erweist!” (as-Sacda 32/7-9)
Der Geist nutzt den Körper wie eine Behausung. Wenn er einschläft, geht er weg, wenn er aufwacht, kehrt er zurück. Der sterbende Körper ist wie ein einstürzendes Haus. Der Geist kehrt dort nicht ein, bis er wiedergeschaffen wird. Folgende Aya (Koranvers) berichtet hiervon:
“Allah nimmt die Geister zur Zeit des Sterbens der Wesen, und die (Geister) derer, die nicht sterben, nimmt Er im Schlaf. Er hält den Geist des Wesens zurück, dessen Tod Er beschlossen hat, den Geist der anderen lässt Er bis zu einer bestimmten Frist frei.” (az-Zumar 39/42)
Der Schlaf ist für das Ausruhen unerlässlich. Und der Tod ist für einen Körper zwingend erforderlich, der nicht verwest, altert und erkrankt, der also für das Leben im Jenseits geeignet ist. Wenn der Geist zur Zeit der Wiederauferstehung in den Körper eindringt, fühlt der Mensch sich vom Schlaf erwacht und sagt: “Wer hat uns von unserer Schlafstätte auferweckt?” (Yasin 36/51-52)
DIE BEZIEHUNG ZWISCHEN KÖRPER UND GEIST
Im Allgemeinen wird der Mensch als ein denkendes oder sprechendes Lebewesen beschrieben. In diesem Zusammenhang wird der Verstand als der wichtigste Faktor angesehen, der den Menschen vom Tier unterscheidet. Der Koran hingegen teilt mit, dass sich das Hauptunterscheidungsmerkmal mit der Einhauchung des Geistes im Herzen, in den Ohren und Augen herausbildet. Denn sogar Vögel, Ameisen und selbst anorganische Wesen können sprechen und logische Urteile treffen.
Nach der Einhauchung des Geistes erlangen die Augen neben der Eigenschaft zu schauen auch die zu sehen, die Ohren erlangen neben der Eigenschaft zu hören auch die anzuhören und das Herz erlangt neben der Eigenschaft Blut durch den Körper zu pumpen auch die das Entscheidungsorgan zu sein. Der Verstand wiederum wird zum Berater des Herzens. Wenn das Herz auf ihn hört, trifft es die richtige Entscheidung. Daher rührt die Voraussetzung im Islam, dass der Iman (der felsenfeste Glaube, die echte innere Überzeugung) durch das Herz bestätigt wird.
Das Auge kann durchaus das Wahre sehen und das Ohr es hören; aber wenn das Herz dies nicht beachtet, hat man nichts in der Hand außer innerer Unruhe. Nach einer gewissen Zeit beginnen das Auge und das Ohr nur das zu sehen und zu hören, was das Herz begehrt.
In diesem Falle wird die Diskrepanz zwischen Herz und Verstand zu einem Dauerzustand und dies stört das Wohlbehagen. Das Herz sieht dann die Lösung darin, den Verstand nicht einzuschalten. Um sich im Recht zu präsentieren, klammert es sich an Ausreden. Gemeinsam mit Konsorten entwickelt es eine Lügenwelt. Oder aber es tritt in eine bereits existierende solche Welt ein. Die Aufrichtigen können in dieser Welt nicht aufsteigen.
Die Diskrepanz zwischen Herz und Verstand treibt manche Menschen zur Selbstflucht mittels Alkohol, Drogen und ausgearteter Handlungen. Hierbei handelt es sich um Menschen, die ihr Gleichgewicht zerstört haben. Von jemandem, der sein eigenes Gleichgewicht zerstört, kann man nicht erwarten, dass er andere Gleichgewichte wahren kann.
Genau dies unterscheidet den Menschen von anderen Lebewesen, nämlich dass die Hauptkommandozentrale nicht der Verstand, sondern das Herz ist. Dieses Herz ist das Herz des Geistes.
DIE VORFAHREN DES MENSCHEN
Davon ausgehend, dass der Affe dem Menschen ähnelt, behaupten Evolutionstheoretiker, dass der Mensch vom Affen abstamme. Da der Mensch sich vom Tier durch den Geist unterscheidet, kann kein einziges Tier ein Vorfahre des Menschen sein.
Vergleicht man den Menschen mit einem Computer, so entsprächen sein Körper der Mechanik des Computers, sein Leben der Elektrizität und sein Geist der Software, die auf den Computer geladen wird. Ebenso, wie der Computer sich durch die Software von anderen elektrischen Geräten unterscheidet, unterscheidet sich der Mensch durch die Einhauchung des Geistes von anderen Lebewesen.
Der Mensch stammt von Adam und Havva ab. Diese sind in einem Zeitabschnitt von mehreren Jahrtausenden als ein neues Lebewesen hervorgetreten, nachdem eine Substanz sich aus schwarzem Lehm abgesondert hat, zu einem befruchteten Ei geworden ist, dann die Form eines Menschen eingenommen hat und diesem der Geist eingehaucht worden ist. Allah Teâlâ sagt:
“Wir haben den Menschen wahrlich aus einer Substanz aus Schlamm erschaffen. Dann machten Wir ihn an einem sicheren Ort zu einem befruchteten Ei.” (al-Muminun 23/12)
Bis zur Erschaffung Adams existierte kein Mensch auf der Welt. Allah Teâlâ sagt:
“Es ist viel Zeit vergangen, bis der Mensch ein Gegenstand der Kenntnis (‘mezkûr’) geworden ist. Wir haben den Menschen aus einem befruchteten Ei erschaffen. Wir werden ihn prüfen. Daher haben Wir ihn in der Gestalt erschaffen, dass er sieht und hört.” (al-Insan 76/1-2)
Mezkûr bedeutet Gegenstand der Kenntnis (zikir). Der Satz: “Es ist viel Zeit vergangen, bis der Mensch ein Gegenstand der Kenntnis (‘mezkûr’) geworden ist,” deutet darauf hin, dass es vorher keine Kenntnis vom Menschen gab.
VORSCHLAG AN DIE KATHOLISCHE KIRCHE
Seit Langem sind der Geist nur Gegenstand der Religion und der Körper Gegenstand der Wissenschaft gewesen. Da es unmöglich ist, den Geist ohne den Beitrag der Wissenschaft ausreichend zu begreifen, konnten die Theologen den Geist nicht im erforderlichen Maße bewerten.
Vergleicht man die Religion mit dem Geist und die Wissenschaft mit dem Körper, so hat die Spaltung der Religion von der Wissenschaft genauso wie ein Geist, der sich vom Körper trennt, die Religion in Illusionen und Träume eingetaucht und von einer Lösung des Problems fortgedrängt. Und die von der Religion ferngehaltene Wissenschaft hat sich schwer getan, den Menschen vom Tier zu unterscheiden, und ist zu einem Werkzeug geworden, um noch mehr Reichtum und Prestige zu erlangen. Erst wenn das Gleichgewicht zwischen der Religion und der Wissenschaft hergestellt wird, werden beide imstande sein, der Würde der Menschheit entsprechende Lösungswege und Dienste zu erzeugen.
Nun schlage ich der katholischen Kirche ein gemeinsames Ziel (Vision) und eine gemeinsame Verpflichtung (Mission) vor.
Das gemeinsame Ziel soll sein, “das Gleichgewicht zwischen der Religion und der Wissenschaft herzustellen und eine neue Ära, die Ära des Gleichgewichts einzuleiten.”
Und die gemeinsame Verpflichtung soll sein, “die Bücher, die Allah herabgesandt hat, gemeinsam mit dem Buch, das Er erschaffen hat, zu studieren.” 
Da das Buch, das Allah erschaffen hat, nämlich die Welt der Geschöpfe die Quelle jeglichen Wissens ist, wird diese Zusammenarbeit dazu führen, dass die Einheit zwischen dem Buch, das Allah erschaffen hat, und der Bücher, die Er herabgesandt hat, erkannt wird, dass die Menschen um unumstrittene Wahrheiten herum versammelt werden und dass die Gesellschaften in Wohltaten wetteifern werden. Hierbei handelt es sich um unsere wichtigste Verpflichtung. Auf diese Weise wird es in den interreligiösen und interkulturellen Beziehungen zu einer Entspannung kommen und in der Wissenschaft werden unvorstellbare Fortschritte erwirkt. Gleichzeitig wird diese Zusammenarbeit den Menschen und die Umwelt von unnötigen Lasten und Bedrängnissen befreien.
Die Bücher, die Allah herabgesandt hat, sind in Schriftform und das Buch, das Er erschaffen hat, ist sichtbarer Art. Mit beiden Formen kann man an die Gesetze gelangen. Es ist zwingend erforderlich, nach der Induktionsmethode vorzugehen, um vom erschaffenen Buch ausgehend die Gesetze zu erlangen. Es ist allerdings nicht möglich, im schriftlichen Buch diese Methode anzuwenden. Es ist davon auszugehen, dass die Resultate hiervon der Deduktionsmethode entsprechen werden. Denn das schriftliche Buch ist eine Art reichhaltige Ansammlung von Gesetzen. Diese Gesetze sind in Sätzen verborgen, in denen den Menschen Empfehlungen gegeben werden. Diejenigen, die Experten bezüglich dieses Buches sind, können die entsprechenden Gesetze ohne die Unterstützung der Experten hinsichtlich des universalen Buches nicht erlangen. Die Experten hinsichtlich des universalen Buches wiederum können auf diesem Wege die Gelegenheit ergreifen, die Bücher, die Allah herabgesandt hat, zu testen und eine Entscheidung zu treffen. Auf diese Weise wird die Möglichkeit entstehen, das Vertrauensdefizit zwischen der Religion und der Wissenschaft zu beseitigen, neue gemeinschaftliche Horizonte zu erkunden und eine Entwicklung zu erfahren, ohne die Gleichgewichte zu zerstören.

Unsere Instagram Seite